Saturday, November 21, 2015

Eine Formel der Schönheit

(Diesen kleinen Vortrag habe ich während meines Workshops "Griechischer Tanz und Rhythmus - Tanzen & Trommeln auf Kreta" im Oktober 2015 gehalten)

Immer wieder bin ich fasziniert, wenn sich Menschen zusammenfinden um sich mit Griechischen Tänzen, Rhythmen und Musik zu beschäftigen. Warum tun wir das? Es könnten doch auch deutsche Rhythmen sein, oder afrikanische... aber anscheinend übt die griechische Kultur und Tradition auf einige Menschen eine ganz besondere Faszination aus. Für mich ist es so, dass ich oft das Gefühl habe, als ob ich da nur an der Oberfläche von etwas gigantischem kratze, dessen Inhalt ich nur erahnen kann. Als ob da etwas verborgen liegt, das ich schon immer gesucht habe... das zu tun hat mit Schönheit, meinem Streben nach Glück, meiner Suche nach Sinn, nach Erfüllung... alles Themen, mit denen sich schon die Griechischen Philosophen der Antike ausgiebig beschäftigt haben. Damit haben sie einen Grundstein gelegt, ein Fundament, auf dem eigentlich die ganze Geschichte der abendländischen Philosophie und Kultur bis heute aufgebaut ist. Dabei ist und bleibt das Grundthema immer der Mensch, das Individuum mit seinem Schicksal, seiner existentiellen Situation.

Es gibt ein berühmtes Gedicht von Rainer Maria Rilke, es handelt von seinen Gedanken beim betrachten einer antiken Statue des Griechischen Gottes Apoll: Archaïscher Torso Apollos.

Das Gedicht endet mit dem bemerkenswerten Satz: "Du musst dein Leben ändern". Mit anderen Worten: die eigenartige Vollkommenheit dieser nur noch als Fragment vorhandenen Statue inspiriert den Dichter und duldet keinen Stillstand. Sie bringt ihn in Bewegung, bringt ihn auf die Idee sich zu erneuern, immer weiter zu gehen, im Fluss zu bleiben, sich zu ändern.

Was aber haben diese Statue und dieses Gedicht mit den griechischen Rhythmen und Volkstänzen zu tun? Dazu müssen wir verstehen, dass die griechischen Volkstänze nicht etwa simple, relativ beliebige Tänze sind, die aus reiner Bewegungsfreude quasi von selbst "im Volk" entstanden sind. Die Wurzeln reichen zurück bis in die Minoische Zeit, liegen aber vor allem in der klassischen Periode der griechischen Antike. Ein paar Jahrhunderte, während derer eine gigantische Kulturbewegung stattgefunden hat. Viele der noch heute getanzten Griechischen Volkstänze waren ursprünglich heilige Tempeltänze, rituelle Tänze für die Götter und Dämonen, Bestandteile von Initiationsriten oder Mysterien aus dieser Zeit.

Man hat beobachtet, dass wann immer bedeutende Kulturen untergehen, die dazugehörigen kulturellen Inhalte nicht einfach verschwinden, sondern vom Volk bewahrt und als Tradition von Generation zu Generation weitergegeben werden. Genau das ist mit den Griechischen Rhythmen und Tänzen passiert, und wenn wir heute z.B. eine Kretische Hochzeit erleben, erleben wir eigentlich die Aufführung eines Griechischen Dramas. Natürlich nicht im Original, aber doch vom "Geist" her. In dieser Musik und in diesen Tänzen liegt ein altes Wissen verborgen, das seine Kräfte für diejenigen entfaltet, die sich ernsthaft hineinbegeben in diese Welt.

Um nicht in den Verdacht zu geraten, lediglich eine romantische Fantasiewelt zu erschaffen, möchte ich nun einmal ganz praktisch und konkret werden und einen Aspekt herausgreifen: die übergreifenden Gesetze von Schönheit und Harmonie. Pythagoras, einer der allerersten grossen Philosophen hat sich mit Zahlenverhältnissen beschäftigt. Er hat z.B. herausgefunden, dass die gespannte Saite eines Musikinstrumentes, die genau in der Mitte abgeteilt wird, eine Oktave höher schwingt als die gesamte Saite. Als „Oktave“ bezeichnet man den Abstand zweier Noten, wobei es sich um die gleiche Note handelt, nur im nächst höheren (oder tieferen) Register. Eine Oktave umfasst übrigens auch alle acht Töne einer Tonleiter, wobei der letzte Schritt (Nummer acht) wieder dem ersten Ton entspricht – nur eben eine Oktave höher. Als nächstes kam Pythagoras der Gedanke, die Saite zu dritteln. Dadurch erklang ein Ton, der mit dem Grundton zusammen eine Quinte (fünf Schritte Abstand) bildet. Das ist nach der Oktave der am reinsten klingende Tonabstand. Daraufhin hat Pythagoras einen genialen Trick angewandt, um alle weiteren musikalischen Töne aus diesen beiden Zahlenverhältnissen abzuleiten. Er teilte ein Drittel der Saite ab (1:3) und erhielt dadurch die Quinte. Dann wiederholte er die Prozedur mit dem verbleibenden 2:3-Stück. Damit landete er bei einer None (9 Töne Abstand), bezogen auf die ursprüngliche, ganze Saite. Eine None bedeutet: eine Oktave (8 Töne Abstand) plus ein weiterer Ton. Nun kam der nächste Trick: er multiplizierte dieses Stück, das die None bildete mit 2, dadurch landete er wieder eine Oktave tiefer und befand sich dadurch nur noch einen Ton vom ursprünglichen Grundton, der von der ganzen, ungeteilten Saite erzeugt wird, entfernt. Man nennt dieses Intervall „Sekunde“ oder auch Ganzton-Schritt. Durch das Errechnen dieses Schrittes hat Pythagoras den Grundstein zur Tonleiter gelegt. Aus ihr lassen sich Melodien und Harmonien erzeugen, so wie wir sie bis heute kennen. Gleichzeitig hat Pythagoras die Korellation zwischen räumlichen Verhältnissen (Längenmasse der Saite) und Klängen gezeigt. Man kann diesen Weg von der ganzen Saite zum Ganztonschritt durch systematische Unterteilung einer Saite mit einer relativ simplen Formel darstellen:
(2/3)2 x 2 = 8/9



Nun ein Szenenwechsel: neulich sah ich einen Dokumentarfilm über den Parthenon Tempel. Bekanntlich gilt dieser Tempel inmitten Athens als ein Wunderwerk an Ebenmass und überirdischer Schönheit. Ein britischer Wissenschaftler, Mark Wilson Jones, erzählte von seinen Bemühungen, eine Erklärung für die Präzision und zugleich Vollkommenheit seiner Proportionen zu finden. Er erzählte, dass er ein Bauelement gefunden hat, die sogenannten Triglyphen (Steine mit drei senkrechten Linien), die sich aneinandergereiht um den gesamten Tempel zogen. Und Wilson Jones sagte: "Dieser Tempel hat 81 Triglyphen in der Länge und 36 in der Breite". Als ich das hörte trat meine innere Rechenmaschine spontan in Aktion und ich kam darauf, dass dies dem Verhältnis 9:4 entspricht... also genau dem Verhältnis der None zum Grundton! Das finde ich schon sehr bemerkenswert und es handelt sich mit Sicherheit nicht um einen Zufall.

Und was hat das ganze mit unserem Thema "Tanz und Rhythmus" zu tun? Nun, wir haben gesehen, dass das räumliche "Mass" sowohl die Proportionen eines Tempels als auch den Klang von musikalischen Tönen bestimmen kann. Was, wenn das auch für Rhythmus und Tanz gilt? Für beide gilt das Zeitmass als Richtlinie. Wenn z.B. ein Trommler einen gleichmässigen Beat spielt und ein zweiter spielt dazu genau doppelt so schnell, dann befinden sich beide im Abstand einer Oktave zueinander. Denn auch wenn zwei Saiten (die eine doppelt so lang wie die andere) im Abstand einer Oktave klingen, schwingt die eine Saite doppelt so schnell wie die andere. Für die Tänzer ist zudem das Raummass wichtig, indem sie mit ihren Schritten und Körpern den Raum durchmessen. Übrigens gibt es in Griechenland auffallend viele Tänze die im 9/4 oder 9/8 Rhythmus gespielt werden. Hier haben wir also auch wieder die gleichen Proportionen. So könnte man sagen: diese Tänze sind getanzte Tempel – und diese Tempel sind in Marmor gebaute Musik. Und die neun(!) Olympischen Musen wachen bis heute über die ewigen Gesetze der Schönheit.

Stefan Petersilge November 2015 

Sunday, October 20, 2013

Interview mit Stefan SangitOm Petersilge in der Monatszeitschrift "VISIONEN" Ausgabe 12/2012

YOGA DES WESTENS
Alte Volkstänze auf Kreta und ihre spirituelle Bedeutung

Der Tanz ist seit über 3000 Jahren der wohl wichtigste Aspekt der griechischen Kultur. Stefan Petersilge, als Musiker auch unter dem Namen Sangit Om bekannt, spricht im VISIONEN-Interview über traditionelle Volkstänze, die er auf Kreta in Kursen vermittelt.

Stefan, du erforschst seit einigen Jahren griechische, speziell kretische Tänze. Wie bist du darauf gekommen? Was fasziniert dich daran?

Von Hause aus bin ich ja Musiker, ich studierte Musik und war viele Jahre lang als Musikproduzent und Jazzmusiker, später auch im Bereich der New-Age- und Weltmusik tätig. Vor allem in Indien suchte ich nach "meiner" Musik, wo ich auch die Bansuri (Indische Bambusflöte) entdeckte. Unter dem Namen "Sangit Om" produzierte ich viele CDs, die westliche und östliche Musiktraditionen miteinander verbinden. Als ich anfangs der 90er Jahre nach Kreta in Urlaub fuhr, erlebte ich zum ersten Mal ein Fest, auf dem mit der Lyra, einer Art Kniegeige, und der kretischen Laute die typische kretische Musik gespielt wurde. Ich war sofort fasziniert, denn mir war, als hätte ich ein lange gesuchtes Verbindungsglied zwischen Ost und West entdeckt. Den Rest des Urlaubs verbrachte ich damit, mehr über diese Musik in Erfahrung zu bringen, und ich kaufte mir eine Lyra, das kretische Hauptinstrument.

Ich lernte also, auf der Lyra kretische Musik zu spielen, aber sehr bald interessierte mich auch der kretische Tanz, denn in dieser Tradition sind Musik und Tanz untrennbar miteinander verbunden. In Hamburg meldete ich mich in einer griechischen Tanzschule an und beschäftigte mich zunächst mit den unzähligen griechischen Volkstänzen. Auf Kreta, wo ich nun seit zehn Jahren lebe, nahm ich später in verschiedenen Tanzschulen Tanzunterricht. Was mich daran so faszinierte? Ich spürte da eine Einheit von Musik und Tanz, die ich so noch nirgendwo erlebt hatte. Wort, Musik und Tanz gehören hier untrennbar zusammen, wie schon von Platon und anderen beschrieben. Sowas ähnliches hatte ich auch in Indien erlebt, aber hier in Kreta ist es das "einfache Volk", das allabendlich sozusagen zum Darsteller eines antiken Dramas wird. Daran teilhaben zu dürfen ist für mich ein großes Glück und eine große Ehre. Nach 30 Jahren Musikerleben auch den Tanz zu entdecken gab mir das Gefühl, endlich "ganz" zu sein, mich total hingeben zu können, mich selber im Tanz und in der Musik zu verlieren und Teil von etwas Größerem zu werden.

Was sind die typischen Formen dieser Tänze?

Formell entsprechen die kretischen Tänze den meisten übrigen griechischen Volkstänzen: man tanzt im offenen Kreis und hält sich an den Händen oder an der Schulter. Der oder die Erste im Kreis führt den Kreis an und vollführt dabei spezielle Tanzfiguren oder Sprünge. Es gibt auch Paartänze in verschiedenen Variationen, aber die spielen eine eher untergeordnete Rolle. Anlässe zum Tanzen gibt es reichlich: Dorffeste, Hochzeiten, gesellschaftliche Ereignisse, private Feierlichkeiten, oder man tanzt einfach ganz spontan.

Gibt es Tänze. die noch auf die alte minoische Kultur zurückgeführt werden können?

Leider gab es zur Zeit der minoischen Kultur auf Kreta (die ihre Blütezeit von ca. 2600 bis 1500 v.Chr. erlebte) noch keine Videokameras. Wenn wir uns streng an die Quellen halten, ergibt sich ein eher vages Bild. Immerhin wissen wir, dass der Tanz, speziell auch der Kreistanz, sowohl im religiösen als auch im weltlichen Kontext eine sehr große Rolle spielte. Schon Homer berichtete davon, und zahlreiche antike Abbildungen sprechen für sich. In Kamilari - jenem Ort, wo meine Tanzseminare meistens stattfinden - hat man in einem minoischen Kuppelgrab eine wunderschöne Tonfigur gefunden, die einen Reigen von Tänzern darstellt.

Es gibt aber noch andere Argumente für die These, dass die Wurzeln der kretischen Tänze in die minoische Zeit zurückgehen. Kreta wird ja oft als "Wiege Europas" bezeichnet. Die griechisch europäische Kultur und Zivilisation nahm hier ihren Anfang, und wenn man erlebt, wie die traditionellen kretischen Festlichkeiten heute noch begangen werden, bekommt man das Gefühl, die Zeit sei stehen geblieben und die alten Minoer seien wieder auferstanden. Angesichts dessen, dass hier die Häuser oft immer noch mit behauenen Steinen gebaut werden und diese schon in minoischen Bauwerken verwendet wurden, bevor sie dem Zahn der Zeit zum Opfer fielen, bekommt man einen Eindruck von der Kontinuität, die über Tausende von Jahren bewahrt wurde. Deshalb gehe ich davon aus, dass die meisten kretischen Tänze auch schon in minoischer Zeit ähnlich wie heute getanzt worden sind.

Das Symbol bzw. die Idee des Labyrinths kommt ja wohl ursprünglich aus Kreta. Dazu soll es auch einen Tanz geben. Kannst du dazu etwas sagen?

Ja, das Labyrinth spielt in der kretischen Mythologie eine große Rolle. Im Zentrum des Labyrinths soll ein Menschen fressendes Ungeheuer, eine Kreuzung aus Stier und Mensch, gehaust haben. Jedes Jahr wurden ihm vierzehn junge Menschen aus Athen geopfert, indem sie in dieses Labyrinth geschickt wurden, aus dem sie nie wieder herausfanden. Bis eines Tages Theseus, ein Königssohn aus Athen, es schaffte, den Minotaurus zu besiegen und mitsamt seinen Freunden aus dem Labyrinth heil wieder heraus zu kommen. Aus Freude darüber sollen sie zusammen ihren Gang durch das Labyrinth in Form eines Tanzes noch einmal dargestellt haben. lnteressanterweise gibt es heute in ganz Griechenland noch Tanze mit diesem Hintergrund. Auf Kreta ist es vor allem der "Siganos", der auf den Labyrinthtanz zurückgeführt wird.

Dieses epochale Ereignis soll nach Meinung vieler die Geburtsstunde des typischen griechischen Tanzes sein. Tatsächlich geht es bei den griechischen Tänzen immer wieder um die Themen Tod und Wiedergeburt, den Sieg des Lichts über die Dunkelheit, die Wiedergeburt nach der Begegnung mit den Dämonen. Analog zum Labyrinth könnte man sagen, dass man beim Tanzen gemeinsam durch etwas "hindurchgehen" muss. Insofern verstehe ich die griechischen Tänze auch als Therapie, als Heiltänze oder als "heilige Übungen", die die Götter den Menschen übermittelten, damit sie sich von den inneren Dämonen befreien und sich mit dem "Göttlichen" in Verbindung setzen konnten.

Du bietest auf Kreta Tanzkurse an. Wie läuft das ab? Welche Voraussetzungen sollten die Teilnehmer mitbringen?

Der nächste Kurs Ende April 2013 trägt den Titel "Kretas vergessene Tänze". Es gibt nämlich heute auf Kreta fünf Standardtänze, die hier jeder kennt und die auf jedem Dorffest, bei Hochzeiten und anderen Feiern getanzt werden. Es ist allerdings allgemein wenig bekannt, dass es noch viele weitere kretische, fast in Vergessenheit geratene Tänze gibt, die kaum oder nur in einzelnen Dörfern gepflegt werden. Um solche Tänze geht es in diesem Seminar. Sie bilden einen einmaligen kulturellen Schatz und verdienen es, vor dem Vergessen bewahrt zu werden. Erst in letzter Zeit finden sie wieder vermehrt Beachtung.

Meine Kurse wenden sich sowohl an blutige Anfänger als auch an "alte Hasen". Das ist zum einen dadurch möglich, dass ich die Gruppen relativ klein halte, aber auch dadurch, dass das gemeinsame Tanzen im Kreis eine Atmosphäre und eine Dynamik schafft, die uns unseren westeuropäischen, leistungsorientierten Verstand einmal ausschalten und als Gruppe agieren lässt, also gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen, anstatt einander zu konkurrieren. Wenn das gelingt, geschehen Wunder, und ich bin selbst immer wieder verblüfft und dankbar angesichts der Begeisterung, die aus diesen Tänzen heraus entstehen kann. Ich fühle mich dann eigentlich nur noch als "Kanal", durch den die Tänze vermittelt werden, um dann ihre Wirkung zu entfalten.

Neben diesen Tanzkursen gebe ich auch Kurse zum Thema: "Griechisch tanzen & trommeln". Es geht dabei vor allem um die lebendige Erfahrung der sich sowohl im Tanz als auch in der Musik ausdrückenden rhythmischen Prinzipien. Diese Kurse sind so konzipiert, dass Tanzbegeisterte auch den Rhythmus entdecken und dabei Instrumente spielen, also zu Musikern werden. Andere. die eher von der Musik herkommen, lernen tanzen. Hier findet also immer ein sehr lebendiger und kreativer Prozess statt.

Auch dieser Kurs wendet sich an Anfänger und Fortgeschrittene. Wie die anderen Kurse dauert er sieben Tage. Täglich gibt es drei Stunden intensiven Unterricht sowie die Möglichkeit zu anderen Aktivitäten, z.B. Besuch eines Livekonzerts, ein Spaziergang zu einem über 2000 Jahre alten Olivenbaum, oder einfach nur zusammen sein, abends etwas kochen, zwanglos miteinander tanzen.

Welche Landschaft, Atmosphäre und Menschen können die Teilnehmer erleben?

Die kretische Landschaft ist phänomenal, die Berge sind über 2S00 m hoch, deren Gipfel oft bis im Juni schneebedeckt sind. Die Insel ist vom tiefblauen Meer umgeben. Mit unzähligen Buchten und Stränden. Für mich gehören Tänze und Musik untrennbar zu dieser grandiosen Landschaft. Dieselbe Tiefe. die ich in der Musik empfinde, begegnet mir auch hier. Natürlich prägt das auch die Kreter. Die Menschen hier sind sehr gastfreundlich und mit Recht stolz auf ihre alte Kultur. Um sie besser zu verstehen, ist es übrigens wichtig, sich zu vergegenwärtigen, dass die Bevölkerung hier immer wieder unter Fremdherrschaft zu leiden hatte, sich immer wieder im Widerstand aufrieb, was oft mit unsagbarem Leid verbunden war. Auch das spürt man in den Liedern und Tänzen.

Was liegt dir besonders am Herzen?

Ich bekenne, dass das Tanzen für mich eine spirituelle Qualität hat. Für mich ist Tanzen ein Weg zur inneren geistigen Entwicklung, weg vom Ego, hin zum "Alles ist Eins". Dabei liegt für mich das Besondere am griechischen Tanz darin, dass er nicht beansprucht, spirituell oder esoterisch zu sein. Es handelt sich ja um Volkstänze, d.h. sie werden vom "einfachen Volk" gepflegt. Man muss also nicht unbedingt eine spirituelle Lebenseinstellung haben, um gut tanzen zu können. Dennoch bin ich überzeugt, dass diese Tänze ursprünglich in religiösen und rituellen Zusammenhängen entstanden. Sie sind kunstvoll ausbalanciert und üben eine starke und gezielte Wirkung auf Körper und Geist aus.

Ich nenne diese Tanzkultur "das Yoga des Westens", weil ich eine Verbindung zum indischen Yoga sehe, wo ja der Tanz auch eine wichtige Rolle spielt. Nun entdecken wir auf einmal, dass wir gar nicht nach Indien reisen müssen, direkt vor unserer Haustüre gibt es einen ebenso großen Schatz, der noch dazu als lebendige Tradition existiert und erfahrbar ist.

Es liegt mir am Herzen, viele Menschen erkennen zu lassen, dass der griechische Tanz viel mehr ist als Syrtaki und Bouzoukimusik bei griechischem Wein. Das ist zwar auch eine gute Sache und oft auch ein guter Einstieg, aber daüber hinaus gibt es noch viel, viel mehr zu entdecken.

Das Interview führte Christian Salvesen

Saturday, October 6, 2012

Leben ist Bewegung



Solange wir leben, solange unser Körper Leben in sich hat – während dieser begrenzten Zeitspanne die wir „mein Leben“ nennen – solange ist unser Körper in Bewegung. Er steht niemals still, selbst wenn wir ganz ruhig sind oder schlafen pulsiert das Blut durch unsere Adern, kommt und geht der Atem, schlägt das Herz, sind unsere Organe in Bewegung, fliessen Wellen von Energie durch unseren Körper.

Bewegungslosigkeit gibt es also nicht, und wenn wir ekstatisch tanzen oder uns wie wild bewegen, dann sind diese Bewegungen auch nur die Fortsetzung der Bewegungen, die wir im Ruhezustand erfahren haben. Alles ist Teil einer Welle, die aus dem endlosen Ozean aufschäumt, sich bricht und wieder im Ozean verschwindet. Ein Leben lang branden wir wie Wellen von einem Bewegungszustand zum nächsten. Dies geschieht von selbst ohne unser Zutun. Oft scheinen uns solche Wellen bedrohlich und wir wehren uns. Wir versuchen sie möglichst nicht zu spüren. Aber das ist sinnlos, denn das Leben selbst ist ja die Bewegung.

 Wenn wir uns mit Bewegung beschäftigen, können wir lernen, den Wellen zu vertrauen, mit ihnen zu fliessen, von der ersten bis zur letzten. Wir können lernen die verschiedenen Bewegungszustände zu beobachten. Und dadurch können wir anfangen, sie wirklich zu akzeptieren, in allen Erscheinungsformen. Dann können wir die Wellen wirklich feiern, indem wir sie bewusst erleben, sie geniessen, uns dem Tanz des Lebens hingeben.
 
Stefan Petersilge, Oktober 2012

Wednesday, February 22, 2012

More on Numbers and Dance

In my last blog All is Number I was talking about numbers one to three, and I have promised, that I will continue this story. I am aware that numbers can be boring, so let me start with a few jokes:

Q: What do you get if you add two apples and three apples?
A: A high school math problem!

No, thanks, no problems please! Maybe this one is better:

Q: Why is the number 10 afraid of 7?
A: Because 7 8 9, and 10 is next.

Got it? If not, just try to say it loud. And because all good things are three, here is another one:

There are three types of people, those who know how to count and those who don't.

Oh yes, the holy three! But, to become just a little more serious (although I don't think to become really serious is a very good idea): after writing about the numbers ONE, TWO and THREE, it is now time to introduce the number FOUR. It represents stability. This is obvious when we consider that most things that have to stand firmly on the ground do have four legs. On the other hand I have found out, that a table with THREE legs is more flexible: it stands more firmly on uneven ground. But still: four corners, four directions, four seasons, the four phases of the moon... this number gives us a clear and stable orientation and stability in time and space.

When we combine the flexibility of THREE and the stability of FOUR we arrive at SEVEN (3+4=7). This is one of the most interesting numbers. It symbolizes a complete time span (God rested on the seventh day of creation). One week has seven days and equals one phase of the moon. And I would like to show you now, how this important number found its way into the most classical of all Greek dances: the Kalamatianos.

This dance is danced in an open circle and has 12 steps. The steps are divided into 4 groups. Each group consists of two steps with the duration of 2 (rhythmical) beats and a third, longer one, that lasts 3 beats. If we add the length of all the beats we get: 2+2+3=7. When analyzed in debth, this dance reveals nearly all the numeric principles, that I have described in this and in the last blog post (All is Numbers).

The classical Greek dances, as they are still danced today as folk dances, are a danced numerology, a calendar, a cosmology and much, much more. They are designed to bring the dancer into harmony with the whole cosmos. But still, don't think that means that the dances are stiff or overburdened with meaning. The opposite is the case: whoever has seen the „Kalamatianos“ in action can confirm that it is full of lightness, grace, fun and joy. The numbers are doing their work secretly, behind the scenes. All we need to do is: learn the dance and dance the dance.

Sangit Om


Saturday, December 17, 2011

All is Number

The dictum of the Greek philosopher Pythagoras (ca. 580-500 BC) and his school was All is Number. To understand what was truly meant by this phrase we have to understand a little more about Pythagoras. He was much more than a mathematician. The contemporary of the saint Gautama Budhha was first of all a spiritual teacher and a healer, and he belonged to the first generations of searchers of wisdom and truth that came from the Hellenic world and were later called „philosophers“.

Pythagoras observed that music and sound follows certain numerical laws of harmony. Moreover he discovered that all things of the universe have numerical attributes that follow the same laws. He even created a musical system based on those laws. But in this context we have to understand, that when in the ancient world the word „musike“ was used, it was inseparably connected with poetry and dance. Literally music meant the „arts of the Muses“, and the Muses embraced more or less all the arts.

Especially music, poetry (sung and spoken) and dance formed one unit, and it was common practice that those three arts were performed simultaneously and very rarely alone. But they not only appeared together, they even determined each other. For example, Homers verses were written in a certain rhythm (the Hexameter) that lead to certain dance steps (those of the Syrtos). And simultaneously the words were declaimed in melodies that fit into the rhythm and the dance.

For now I do not want to go further into the Pythagorean music theory. But I want that we have a look at the basic, fundamental and principal meanings of the first three numbers in correlation with the arts of the „Muses“, especially Rhythm and Dance.

Lets start with the number ONE. Interestingly, the Pythagoreans did not consider „ONE“ to be a number at all. ONE is so perfect in itself, that it can have no attributes. It represents the divine. Just like the „TAO“ of the Chinese mystic LaoTse, that can not be spoken or described. ONE in its absence of duality can not be known, because there is no split between subject and object yet. Translated into the realm of Rhythm it could be said that one beat alone can not form a rhythm, and the same applies for only one single dance step. But we can associate the number ONE with the focused stillness of the dancer before the actual dance begins. And just like every dance at one time springs out of the stillness, it also goes back into it.

If you think we have more luck with the number TWO, I have to disappoint you again. The Pythagoreans considered neither the TWO to be a number. They saw it as a symbol of duality. A symbol of balance, but also of conflict and opposition. Without the number TWO, the positive and negative could not exist. The Pythagoreans thought this number to be most unlucky. Because it was the opponent of the godly ONE it was dedicated to the god of the Underworld. And a few hundred years later, Plato argued that there was no meaning to the number TWO, as it suggests a relationship and a relationship will in turn introduce a third factor.

When we look at dance, we can see that the TWO at the most represents our ability to walk on two feet, which can not yet be called "dance". But it can form the means and the background for real rhythms and dance steps.

Only when we combine the holy ONE with the under-worldly TWO we arrive at THREE. Now we have finally arrived at the realm of numbers (for the Pythagoreans the THREE was the first true number) and therefore: at the realm of rhythm and dance. Try to combine the movements of your both feet in a way that they perform cycles of three steps, and you suddenly will realize that the dance has started to happen.

It can be said that THREE is the most important, and also most sacred number of all. The first geometrical figure is the triangle. In the Hellenic world the Tripod (a chair or a small table standing on three legs) was sacred and symbolized the God Apollo. In the Oracle of Delphi the priestess Pythia would take her seat on the tripod. Tripods were also widely used by ordinary people as alters.

Three was considered the number of harmony, wisdom and understanding. A meaningful dialogue can only happen through threefold dialectic (thesis – antithesis – synthesis). In Hinduism the three Gods Brahma / Vishnu / Shiva represent creation – preservation and destruction: the eternal cycle of existence in time. And finally in Christianity the Holy Trinity (Father - Son - Holy Spirit) represents again the divine principle of the number Three.

I could go on describing the attributes and meanings of the following numbers. Maybe some other time? For now I just wanted to show you that all this counting and dancing would not exist without the birth of THREE out of ONE and TWO. (According to the Pythagoreans ONE is the father and TWO is the mother.) However, I think it has become clear why THREE is also the number of the magicians. With its help the world can be created, including the fascinating and manifold cosmos of the „Muses“. Again and again, through all times.

Sangit Om

Friday, June 24, 2011

Dance & Rhythm

Traditional Greek Dance and Drumming (a workshop)

In the Greek tradition, dance is considered to be the highest of all arts. Higher even than playing a musical instrument. When you think, that for the dancer the whole body becomes his instrument, then this concept starts to make sense. The fundamental base of both music and dance, is rhythm. In fact rhythm is the base of our whole life: think of our heartbeat, our breezing, our movements and more or less all expressions of the joy of living. Rhythm is also a link that unites individuals: when we move together we are synchronizing with each other through rhythm.

When we want to learn traditional dances, we have to understand the language of rhythm. The more we are able to master a basic repertoire of rhythms, its principles and methods, the easier it will be to move freely in the framework of traditional dances. Therefor it is a great idea for dancers to practice drumming and to play percussion instruments. To develop the art of rhythm greatly empowers our skills in dancing. Very often, if someone faces difficulties to proceed in the art of dancing, developing a stronger feeling for rhythms does solve the problems and opens doors for new dimensions.

But it also functions the other way around: for a musician the experience of dancing can open up a whole new world. I am myself a musician, and today I am dividing my life into two periods: the times before I was a dancer and the time after I had started to integrate dance into my life. Before I was maybe not a bad musician – but something was missing. But when I finally had discovered the other half it was, as if a part of me that was hidden deep inside, was finally allowed to flow and to unfold its power.

So, here you have a few reasons why I have decided to offer a workshop for traditional Greek dance combined with drumming and playing percussion. The workshop will take place from December 26th 2011 to January 2nd 2012 at the Island of Crete. We will learn Greek dances, mainly dances of the Island of Crete. And we will also learn to play on various percussion instruments like tumpeleki, tarabuka, daouli, framedrums, udu, shakers and many more. It will be a great opportunity to connect with our hidden powers and to start the new year with full energy. If you are interested, please don't hesitate and send a short email to dance@sangitom.de right now. In return I will send you all the details about the workshop (without any obligations, of course). You can also find additional information at www.psiloritis.de

Love
Sangit Om

Monday, March 14, 2011

Forgotten Dances of Crete

I will be holding a dance workshop in Kamilari / Crete from May 1st until May 7th. I thought the issue of this workshop might be interesting for everybody, so I would like to share with you what it is all about.

The Minoan civilization on the Mediterranean island of Crete began nearly 5,000 years ago and it lasted several thousand years, before the Dorians from the Greek mainland took over the island. When we consider that the Minoan Crete has formed the oldest civilization on European soil, it can be assumed that the Cretan dances are among the oldest cultural dances of humanity. Homer described the Cretans as enthusiastic dancers, and we know from many illustrations, that dance has played a central role in the life of the Minoans.

There is no clear evidence that the contemporary Cretan dances are stemming directly from the Minoans, but there is every indication that this is the case, at least for some dances. Therefore we can speak of a special status for the Cretan dances. Some dances certainly came later to the island, but the particular Cretan character is always obvious.

Today, most Cretans are commonly mastering five different dances, which we will also practice in our workshop:

1. Sirtos of Crete (also called Chaniotis, the most popular dance)
2. Malevisiotis (originally a war dance with fast, dynamic steps)
3. Siganos (or Siganos Pentozalis, a very simple dance)
4. Pentozalis (or Pidichtos Pentozalis, dynamic dance with jumps)
5. Sousta (a couples dance)

Except for the Sousta all those dances are danced in an open circle, as it is common in all of Greece. They are still danced at festivities (village festivals, weddings, baptisms, etc.) and taught in the schools. Although they belong to the general education of every Cretan, it is important to note that there are also local differences and variations.

However, it is generally not well known that additionally to these 5 dances there are many other Cretan dances, which are often almost forgotten and only maintained in some villages or areas. We want to dedicate this seminar to some of these dances, which form a unique cultural treasure and deserve to be rescued from oblivion. Only recently they are receiving increased attention and there are more and more musicians who play the accompanying music and have also recorded them on CDs.

Our aim is to learn at least 8 of those additional dances during this one week workshop

Although the Cretan dances with their Minoan influence have a special role, they still belong to the Greek dances, with their typical characteristics, as they have been formed in the ancient world. They were not only just dances for the people, but also a means for the comprehensive training of body and mind. They were considered "sacred exercises”, which have been brought by the Gods to humanity, in order to give mortals an opportunity to get in touch with the higher worlds. They belong to the realm of the "Muses" and are considered the highest discipline in the field of music. It is important to understand that the ancient Greek word for "music" equally included the playing of musical instruments, singing and dancing. All three are inextricably linked and all three are based on the traditional view of the "Divine Harmony", which can be expressed in figures, and so the dance has its counterpart in the numerical proportions of rhythm, meter and proportion.

As we will learn those dances in our seminar, we will also look for a deeper understanding of such relationships. But mainly we will be engaged in the actual process of dancing, thus having the direct experience of the forces and messages that each dance contains within itself, and ultimately can not be described with words. Just like the "Real Crete" will intuitively reveal itself only to the person who is willing to meet it with open hearts.

Hope that made you more curious... and I am also looking foreward to see some of you at the workshop or at other events and workshops that will certainly follow in the future.

For additional information please visit www.psiloritis.de

Love
Sangit Om